Mālama Erweiterung Schulanlage Davos Platz

Erläuterungstext

1. Mālama

[ hawaiianisch: beschützen, bewahren, wertschätzen ]

Dieser Begriff steht in der hawaiianischen Kultur für eine gesellschaftliches

Grundverständnis von Bewahrung und Wertschätzung des Gegebenen.

Während aktuell ein Viertel aller CO2-Emissionen in der Schweiz aus dem

Gebäudesektor stammen, steht jeder Neubau vor der Aufgabe einer

ressourcenschonenden Erstellung sowie einem energiesparenden Betrieb gerecht

zu werden. Somit gleicht es einer Selbstverständlichkeit eine integrale Lösung mit

dem Bestand zu suchen, besonders an einem Ort, welcher so direkt in Bezug mit

der zukünftigen Generation steht – ihr ein Vorbild sein will.

Sowohl städtebaulich als auch funktional positioniert sich das bestehende

Gebäude logisch zwischen den beiden Schulhäusern und dient dort als

verbindendes Element. Der alte Zwischenbau wird an den Längsseiten erweitert

und um ein Geschoss aufgestockt, um den gewachsenen Anforderungen des

Raumprogramms zu entsprechen.

Der Neubau stülpt sich somit über die gesamte, bestehende Struktur und wird

gänzlich von einer neuen Fassadenhülle umschlossen, welche den thermischen

Bedürfnissen genügt, als auch einen neuen ästhetischen Anspruch verfolgt. Der

Hybrid erscheint von aussen als Neubau, besteht jedoch zu 40 % seines Volumens

aus der bereits bestehenden Struktur, wodurch dessen Anteil an grauer Energie

erheblich eingespart werden kann.

2. Struktur & Statik

Die bestehende Struktur aus Betonschotten wird an den Längsseiten jeweils um

einen Leichtbau ergänzt. Die Anbauten sind aus einem Stützensystem aufgebaut,

welches sich auf die bestehenden Wandachsen bezieht. Dieses wird mit

Brettstapeldecken überspannt und ist nach aussen durch eine selbsttragende

Holzständerfassade abgeschlossen. Dank der geringen Spannweiten von 4,50 m

können alle tragenden Bauteile wirtschaftlich dimensioniert werden und

ermöglichen ein hohes Mass an Flexibilität.

Die seitlichen Schichten sind statisch vom Bestand entkoppelt, wobei das

aufgestockte, dritte Obergeschoss hauptsächlich über eben jene Anbauten

abgeführt werden kann. In die Bestandsstruktur wird nur geringfügig eingegriffen,

wodurch nicht von einer statischen Ertüchtigung der Betonschotten ausgegangen

werden muss. Das Untergeschoss wird zum Hof hin abgegraben und durch eine

zusätzliche Raumschicht aus Sichtbeton ergänzt.

Der Holzbau lässt sich zum Grossteil in Elementen vorfabrizieren und vor Ort vor

den Bestand fügen. Damit wird die effektive Rohbauphase deutlich reduziert und

kann innerhalb einer Bausaison erfolgen. Dank des geringen Abbruchs des

Bestands und der raschen Fertigung des Rohbaus werden die Arbeiten

hauptsächlich im Inneren ausgeführt, wodurch mit deutlich geringeren

Lärmemissionen im Unterrichtsbetrieb gerechnet werden kann.

3. Die fliegenden Klassenzimmer

Die Erweiterung der Schulanlage Davos-Platz teilt sich inhaltlich in zwei Bereiche:

Ein öffentliches Erdgeschoss leitet von der Schulstrasse zum Pausenhof und bildet

die Verbindung zwischen den drei Schulgebäuden. Darüber positionieren sich die

gemeinschaftlichen Lern- und Arbeitsbereiche.

Extrovertiert

Das Erdgeschoss des Zwischenbaus bildet über mehrere Etappen die fliessende

Verbindung zwischen Schulstrasse und Pausenhof. Über einen eingerückten

Eingangsbereich wird man hinab in das untere Splitlevel geleitet. Dort bilden die

Aufenthaltsbereiche der Tagesschule den kommunikativen Kontenpunkt zwischen

Oberstufenhaus, Talentschule und Primarschule. In deren Zentrum liegt der

überhöhte Essensraum, welcher unterteilt und als Aula genutzt werden kann. Die

Aufenthaltsbereiche gehen unmittelbar in den gedeckten Pausenhofbereich über,

welche gleichzeitig die gedeckte Verbindung zwischen den drei Schulhäusern bildet

und vom restlichen Hof abgehoben ist.

Introvertiert

Während sich das Erdgeschoss nach aussen orientiert, ordnen sich die

Obergeschosse um ein innenliegendes Atrium. In dieser intimeren Atmosphäre

stapeln sich Klassenzimmer und dazugehörige Verwaltungsbereiche gegenüber.

Durch die Splitgeschossigkeit stehen alle Räume jeweils zwischen zwei

gegenüberliegenden Bereichen, wodurch kurze Wege entstehen und sich eine

Vielzahl an Synergien nutzen lassen.

Lernlandschaft

Das Atrium sowie die vielseitigen Flurbereiche sind als attraktive

Kommunikationsflächen mit unterschiedlichen Aufenthaltsbereichen konzipiert.

Somit werden selbst die Erschließungszonen zu lebendigen Bereichen, die das

komplexe Schulleben auf vielschichtige Weise vernetzen und bereichern. Die

Erweiterung zur Hoffassade, ermöglicht Querverbindungen innerhalb der

Schulräume, wodurch moderne und flexible Unterrichtsweisen begünstigt werden.

4. Erschliessung

Der neue Zwischenbau ist auf Grundlage der bestehenden Treppenhäuser

strukturiert. Waren die beiden Erschliessungskerne im Bestand noch voneinander

getrennt, ermöglicht nun die neue Raumstruktur einen zentralen Rundweg im

Inneren des Gebäudes, welcher sich um das Atrium dreht. Dies ermöglicht einen

vielfältigen Bewegungsfluss im Schulhaus und vermeidet stichflurartige

Sackgassen.

Die ursprünglich gleichwertigen Treppenhäuser werden nun klar in ihrer

Öffentlichkeit hierarchisiert. Durch die Ergänzung eines Personenlifts können

sämtliche Räume im Schulhaus barrierefrei erreicht werden. Bei der vertikalen

Erschliessung des Gebäudes wird an jedem Podest vom Neubau in den Bestand

und andersherum gewechselt, wodurch ein stetiger Dialog der beiden Gebäudeteile entsteht.

5. Natürliches Raumklima

Durch eine integrierte Planung im Entwurfsprozess kann eine behagliches

Raumklima zum größten Teil natürlich erzeugt werden, wodurch der Energiebedarf

im Betrieb deutlich reduziert wird.

Sommer

In den Sommermonaten kann auf eine kontrollierte Lüftung verzichtet werden.

Über gezieltes Öffnen lassen sich über die fassadenintegrierten Lüftungselemente

alle Lern- und Arbeitsbereiche querlüften. Dabei fungiert das offene Atrium als

eine Art natürlicher Kamin, in dem warme Luft nach oben steigt und dabei kühle

Luft über die Lüftungselemente der Fassade ins Innere nachströmt.

Durch den Erhalt der Bestandsstruktur besitzt der neue Leichtbau bereits genug

Speichermasse, um eine effektive Nachtauskühlung zu ermöglichen. Der

Überhitzung über die verglasten Längsfassaden beugen auskragende, horizontale

PV-Bänder vor.

Winter

Durch die tiefstehende Wintersonne lassen sich an den Längsfassaden hohe solare

Erträge erzeugen, wodurch sich der Heizwärmebedarf deutlich reduzieren lässt. In

den kritischen Kälteperioden lässt sich die Zuluft zentral über einen

Erdwärmetauscher vortemperieren, bevor sie über die abgehängten Korridore in

die Klassenzimmer eingeblasen wird.

Energieerzeugung

Insgesamt können 700 m2 effektive Dach- und Fassadenfläche zur Nutzung von

PV-Modulen genutzt werden um den internen Energiebedarf zu decken.

6. Materialisierung & Ausdruck

Von aussen wird der Zwischenbau in seiner Farbigkeit und Materialisierung als

neuer Baustein gelesen, wobei sich die Fassade in ihrer Bandstruktur klar in das

bestehende Ensemble einfügt. Der Anbau besteht zur Gänze aus regionalem Holz

und Holzwerkstoffen, wodurch sich der Bedarf an grauer Energie minimeren lässt

und CO2 im Gebäude gespeichert wird.

Während die der Witterung ausgesetzten Bauteile durch einen Anstrich einen

modernen Ausdruck erhalten, bleiben die Oberflächen im Inneren unbehandelt. Die

Brettstapeldecken, Korkböden und lehmverputzen Innenwände bilden ein

Gegenüber zu den bestehenden Betonstrukturen und schaffen ein behagliches

Raumgefühl, welches dem Schulklima angemessen ist. Des Weiteren werden alle

neu hinzugefügten Materialen durch ihre hohe Recyclingfähigkeit den

Anforderungen an kreislaufgerechtes Bauen gerecht zu werden.

7. Brandschutz

Der östliche Treppenhauskern wird zu einem innenliegenden Fluchttreppenhaus

ertüchtigt. Über dieses lassen sich alle Aufenthaltsbereiche innerhalb der

maximalen Fluchtweglängen entflüchten. Die zusammenhängenden

Versammlungsbereiche im Erdgeschoss lassen sich grosszügig zum erhöhten

Pausenhof öffnen und somit direkt evakuieren. An der Schulstrasse sowie im

Mālama Erweiterung Schulanlage Davos Platz

Pausenhof werden die erforderlichen Aufstellflächen für Einsatzfahrzeuge

eingehalten. Der Brandüberschlag an der Holzfassade wird über die

durchlaufenden Fassadenbleche normgerecht eingeschränkt.

8. Blick in die Zukunft

Um auf sich wandelnden räumlichen Anforderungen zukünftig reagieren zu

können, wurde der neue Zwischenbau in einem flexiblen Stützenraster entworfen.

Trennwände lassen sich variabel an die Fassade anschliessen, wodurch

verschiedenste interne Umstrukturierungen und Verdichtungen denkbar sind. Bei

einer optionalen Vergrösserung der Schule lassen sich vier zusätzliche

Klassenräume im obersten Geschoss innerhalb des erstellten Volumens einziehen.

Die Stützenstruktur wird im ersten Bauabschnitt bereits entsprechend

überdimensioniert. Bis zu dieser Erstellung wird die Fläche als begehbarer

Dachgarten von Schüler:innen und Lehrer:innen genutzt.

Informationen

Datum
1. November 2022

Dokumente

Name
Schlussbericht_Erweiterung_Schulanlage_Davos_Platz[1].pdf (PDF, 27.55 MB) Download 0 Schlussbericht_Erweiterung_Schulanlage_Davos_Platz[1].pdf
Mlama_Plane_A1_Abagbe.pdf (PDF, 31.81 MB) Download 1 Mlama_Plane_A1_Abagbe.pdf
Malama_1._2.Obergeschoss.pdf (PDF, 1.48 MB) Download 2 Malama_1._2.Obergeschoss.pdf
Malama_3.Obergeschoss.pdf (PDF, 1.4 MB) Download 3 Malama_3.Obergeschoss.pdf
Malama_Erdgeschoss.pdf (PDF, 2.52 MB) Download 4 Malama_Erdgeschoss.pdf
Malama_Untergeschoss.pdf (PDF, 1.92 MB) Download 5 Malama_Untergeschoss.pdf
Malama_Situationsplan.pdf (PDF, 8.58 MB) Download 6 Malama_Situationsplan.pdf

Zugehörige Objekte